Die Nerdesthemen – Elefantenhochzeiten

In der Science-Fiction-Literatur kennt man den Begriff von Mega-Corporations. Mega-Konzerne, die so groß gewachsen sind, dass ihre Monopolstellung so groß geworden ist, dass sie sich nicht nur über die Gesetzte stellen können, sondern sie selbst verfassen können. Bekannte Filme wie Metropolis oder Blade Runner spielten schon mit dem Gedanken großer Mega-Konzerne, die in alle Bereiche des Lebens aller Menschen ihren Einfluss haben.

Und wenn man sich mal anschaut, welche Firmen Interesse daran haben, andere Firmen aufzukaufen, dann kann man doch schnell zu dem Schluss kommen, dass wir jetzt schon in einer solchen Utopie leben. Wenn man sich in der Realität umschaut, wer denn da als MegaCorporation in Frage kommen könnte, fallen einem durchaus schnell einige Kandidaten ein: Google, Apple, Sony, Samsung oder Facebook sind die ersten Firmen, die einem da schnell in den Sinn kommen. 

In den bisherigen Nerdesschauen habt ihr immer wieder was davon gehört, dass Filmstudios wie Comcast, Disney, 21st Century Fox, Netflix, Amazon und Konsorten sich gegenseitig aufkaufen möchten. Klar, wenn da Disney Fox kaufen will, denkt jeder sofort nur daran, dass jetzt endlich die X-Men und die Fantastischen Vier im Marvel MCU auftauchen werden. Doch das ist nicht der wahre Hauptgrund für solche Elefantenhochzeiten. Denn es gibt auch in anderen Bereichen ebenfalls Elefantenhochzeiten ähnlicher Natur.

In Deutschland gibt es ja doch einige grössere Supermarktketten. Wenn man aber genauer hinschaut, sieht man, dass die Marktlandschaft etwas anders aussieht. Da gibt es die Edeka-Gruppe, zu der auch der Discount-Markt Netto gehört, die Schwarz-Gruppe, die Lidl und Kaufland enthält, die Rewe-Gruppe, in der auch Penny dazugehört, Aldi mit Aldi Nord und Aldi Süd, die Metro-Gruppe mit Real und Media-Saturn, Tengelmann mit Kaiser, Obi, Tedi und Kik, dm, Rossmann und die Globus-Kette. Wenn man sich zurückerinnert, dann fehlen da sehr viele Supermärkte, die wir in der Vergangenheit hatten. Minimal und extra sind in Rewe aufgegangen, während Promarkt von Rewe eingestellt wurde, Hertie ist von Karstadt aufgekauft worden, Praktiker riss Max-Bahr mit in den Abgrund und wurde später abgewickelt, Ihr Platz ging zusammen mit Schlecker unter, Plus wurde von Edeka geschluckt und als zum Teil als Netto weitergeführt. Wenn man sich alleine mal anschaut, dass im Bereich der Elektro-Fachmärkte die zwei grössten Platzhirsche sind: Media Markt und Saturn, beide innerhalb der Metro-Gruppe, bekommt man vielleicht ein Gefühl, wie ein Konsortium ein Marktmonopol erreichen kann. Theoretisch sind Saturn und Media Markt Konkurrenten auf dem gleichen Markt… aber Media Märkte sind eher auf der „grünen Wiese“ angelegt, also meist ausserhalb der Stadtkerne und Saturne findet man eher in den Innenstädten. Und so kommt man sich nicht gegenseitig in die Quere. Kampfpreise werden untereinander vermieden oder gleichen sich gegenseitig aus. Wenn die einen Laptops und Computer-Monitore reduziert haben, haben die anderen Handys und Fernseher reduziert. Das Problem an der Sache ist aber, dass man selber die Preise immer noch in der Hand behalten kann und die Preise bestimmen kann. Dadurch dass aber das Geschäft über Onlinehändler wie amazon oder ebay immer grösser wird, müssen auch Media Markt und Saturn entsprechend ihre Strategie verändern und neue Marktsegmente belegen oder andere Konkurrenten aufkaufen.

In der Medien-Branche sehen wir die gleiche Marktbündelung und Konzentrierung. In Deutschland haben wir da zum Beispiel den Burda Verlag, der unter anderem der Mutterkonzern für Bunte, Superillu, Playboy, Focus, Chip, Huffington Post Deutschland, sowie Holiday Check und Xing ist. Bertelsmann hat die Kontrolle über die RTL Gruppe, Penguin Random House, Gruner + Jahr und den Musikverlag BMG. Der Axel Springer Verlag hat die Tageszeitungen Bild, Die Welt und B.Z., sowie Hörzu in seinem Portfolio und ist ausserdem beteiligt an Onlineportalen wie autohaus24.de, Business Insider, Immowelt oder die Internet-Jobbörse Stepstone. Wir haben da jetzt schon 2 bekannte Jobportale gehört mit Stepstone und Xing, die auf dem deutschen Markt grossen Verlagen gehören. LinkedIn, das grösste berufliche Social Media Portal auf internationaler Ebene, gehört seit 2016 Microsoft zum Kaufpreis von 26,2 Milliarden. Und darum geht es in den letzten Jahren immer stärker. Welche Social Media Plattform hat die meisten Nutzer und wie kann man diese Nutzerbasis monetarisieren. Bertelsmann zum Beispiel kaufte 2009 via die RTL Gruppe Wer-kennt-wen, musste allerdings diese Plattform nach einigen Jahren schliessen, da immer mehr  Nutzer zu Facebook abgewandert sind. Ähnlich ging es auch der Holtzbrink Verlagsgruppe, die die die VZ Netzwerke wie SchülerVZ und StudiVZ und ausserdem der Mutterkonzern für den Tagesspiegel, das Handelsblatt und die Zeit ist. Facebook kaufte Whatsapp für 19 Milliarden und Instagram für eine Milliarde US Dollar. 1 Millarde war Twitch auch Amazon wert.

Im Bereich der Lebensmittel und der Dinge, die man so im Supermarkt kaufen will, sieht die Sache noch viel anders aus, wenn man sich auf der Verpackung anschaut, wer denn da der Mutterkonzern ist. Bei Oreo steht zum Beispiel der Name Mondelez International. Mondelez ist eigentlich ein Teil des Kraft-Konzerns gewesen, der nach mehreren Aufkäufen aufgesplittet wurde in Kraft Foods und Mondelez. Mondelez hat dabei Marken wie Milka, Ritz, LU, TUC, Toblerone, Côte d’Or oder die schwedische Schokoladenmarke Marabou. Ach ja, die Herstellerfirmen von Kraft Ketchup und Heinz Ketchup sind mittlerweile auch unter einem Dach. Dann gibts da noch Unilever, die bekannte Firmen wie Becel, Ben & Jerry’s, Langnese, BiFi, DuDarfst, Knorr, Lipton, Mondamin, Pfanni, Rama oder Sanella unter sich hat, wie auch die Non-Food Marken Axe, Dove, DuschDas oder Rexona. OMO, Viss und Domestos kommen auch von Unilever. Ein Who-is-Who der Markennamen unter einem Dach. Und schauen wir noch einmal bei Nestlé vorbei: Da haben wir natürlich die Corn Flakes und Nesquik, Kaffeesorten wie Nespresso, Wassersorten wie Perrier, S. Pellegrino oder Vittel, Nestea, Häagen-Dasz, Mövenpick, Schöller, Alete, Buitoni, Maggi, Thomy, DiGiorno Pizza, Wagner Pizza, Herta, After Eight, Kitkat, Lion oder Smarties. Sehr viele kleine einzelne Produkte, die aber alle den gleichen Mutterkonzern haben. 

Und jetzt machen wir den Sprung zu den Elefantenhochzeiten, die wir am Anfang des Videos kurz angesprochen haben. Wer kauft hier denn eigentlich wen bei den Filmstudios. Welche Strategien werden verfolgt. Und welche Auswirkungen auf die Kunden wird das haben?

Hier ist Disney eigentlich schon das Parade-Beispiel. Ein Unternehmen, das sich zwar auf die Herstellung von Entertainment-Produkten spezialisiert, aber dennoch sehr viele andere wichtige Unternehmungen hat. 

2017 hat der komplette Disney Konzern Einnahmen gemacht in Höhe von über 55 Milliarden US-$. Mehr als 8 Milliarden kamen da aus Einnahmen der Walt Disney Studios in Form von verkauften Kinotickets oder DVDs, fast 5 Milliarden aus Consumer Produkten wie z.B. Merchandising, mehr als 18 Milliarden aus den Geschäften der Park- und Hotelanlagen rund um die vielen Disneylands und Disney Worlds und über 23 Milliarden aus Mediennetzwerken wie die Fernsehsender abc, ESPN. Wenn man sich nun umschaut, hat Disney eine grosse Kontrolle über die Vermarktungskette eines beliebigen Franchises. Beginnen tut dies bei den Rechten an beliebter Franchises wie Star Wars, Marvel oder halt Micky Maus und Donald Duck selbst, die dann von den Filmstudios und Comic-Studios in Kinofilme oder Comic-Bücher weiter entwickelt werden. Zusätzlich dazu werden Actionfiguren, Spielzeug und lizensierte Kleidungsstücke verkauft, bis dann später die Filme auf den eigenen Fernsehsendern weiter gesendet, vermarktet und ausgewertet werden. Da allerdings sowohl Kino als Fernsehen als Medienplattform weiter in ihrer Wichtigkeit zurückgehen werden, versucht man auch ein weiteres Stück der Vermarktungskette der eigenen Marke hinzuzufügen: Online-Streaming. Netflix hatte 2012 Exklusivrechte von Disney erhalten, um sämtliche Filme der von Disney, Marvel und Pixar ab 2016 zu zeigen. Darüber hinaus schloss man dann auch 2015 einen Deal zu einer gemeinsamen Produktion von Marvel-Serien wie Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist. Doch ab 2017 änderte sich die Strategie von Disney radikal. Und dies zeigt sich am Beispiel der Streaming Plattform hulu. hulu war ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Konzerne wie The World Disney Company, 21st Century Fox, Comcast zu jeweils 30% Beteiligung und weiterer 10% bei Time Warner. Dadurch, dass Disney jetzt Fox aufkaufen möchte, gehen die 30%, die Fox gehört haben, an Disney über. Und so haben wir schnell eine Aktienmehrheit von 60% Anteilen auf Seite Disneys. Juchhu für die Maus, sie haben nun eine starke Kontrolle über eine Streaming-Plattform. Dadurch dass man jetzt eine eigene grosse Streaming-Plattform haben wird, ist der Exklusiv-Deal zu Netflix natürlich hinderlich, also wird dieser gecancelt. Parallel dazu kündigte Disney schon an, dass sie an der Entwicklung einer eigenen Streaming-Plattform arbeiten werden, also kann man fast schon wetten, dass hulu quasi als Startgrundlage für die neue Disney-Plattform dienen wird. Natürlich wird so eine Streaming-Plattform, in der nur alte Disney-, Marvel- und Star Wars-Filme gezeigt werden irgendwann mal langweilig, und so ist es hilfreich, wenn man dann noch ein ebenfalls starkes Studio aufkauft, deren Filmlizenzen enorm sind. Denn hier sammeln sich Filme wie die Alien-Reihe, Family Guy und die Simpsons, Planet der Affen, Independence Day, Akte X, Stirb Langsam, die Avatar-Reihe und natürlich auch die Kronjuwelen des Marvel-Universums: Die X-Men und die Fantastischen Vier. Aber glaubt mir, das sind nur die kleinen Peanuts dieses Riesen-Deals. Aber: Nicht nur Disney ist an Fox interessiert, sondern auch Comcast. Comcast kann man von der Stellung in den USA ursprünglich vergleichen mit der Deutschen Telekom in Deutschland, denn ursprünglich kommt der Konzern aus dem Betreiben des Kabelnetzes in den USA und ist damit auch Internet- und Telefonieanbieter. 2009 begann dann ein Prozess, NBC Universal aufzukaufen, das dann bis 2013 vollständig durchgezogen wurde. Und wie in der Nerdesschau vor kurzem berichtet, schwimmt Comcast im Geld und wollte schon mit einem höheren Angebot als Disney die 20th Century Fox Studios aus dem Mutterkonzern 21st Century Fox herauskaufen. Derzeit ist Comcast immer noch Ausarbeiten des Angebots, aber es wird sich zeigen, ob die dann Disney noch in die Suppe spucken könnten. Denn auch hier gilt: Comcast hat 30% an hulu und wenn die die 30% von Fox kriegen würden, hätte Comcast einen Majoritätsanteil bei hulu. Auf der anderen Seite gibt es dann noch die bevorstehende Hochzeit aus der Firmen AT&T und Time Warner. Auch hier will ein vormals auf Kabel-, Telefonie- und Internet-Infrastruktur spezialisierter Konzern einen grossen Medienkonzern aufgekaufen in Form von Time Warner, in dem Unternehmen wie HBO, Warner Bros., DC Comics, die Turner Networks, AOL und Warner Music stecken. Dieser Kauf ist seit 2016 in der Mache, ist aber im Oktober 2016 immer stärker ins Stocken geraten, da das US Justizministerium kartellrechtliche Bedenken hat. Und hier kommt eine wichtige Komponente ins Spiel, denn zu den Turner Networks gehört CNN. Und CNN ist bekanntlich einer der derzeit grössten Feinde der Politik Donald Trumps, und von daher ist es nicht überraschend, dass die Trump-Regierung versucht, CNN als Druckmittel zu verwenden, um die Fusion von AT&T und Time Warner zu verhindern. Denn solch eine ähnliche Situation gab es unter anderem bei der Comcast-NBC Universal Hochzeit nicht, dass einzelne Fernsehsender plötzlich abgetreten werden mussten, um so eine Hochzeit erst zu ermöglichen. Und auch bei dem Fox/Disney Deal hatte Donald Trump so seine Finger im Spiel gehabt. Denn eine Bedingung, die Trump Rupert Murdoch gestellt hat, um den Deal abzusegnen, war die Tatsache, dass sein Lieblingssender Fox News nicht an den Disney Konzern abgetreten werden solle. Das zeigt dann natürlich auch die absolute Willkürlichkeit der Wirtschaftspolitik in den USA derzeit: Hast du einen Medienkonzern, der dir kritisch gegenüber steht, bekommt man Steine in den Weg gelegt und wenn man den Lieblingssender in Ruhe lässt, bekommt man keine weiteren Probleme. Im vergangenen Sommer gab es bei einem anderen Megadeal ebenfalls zu Verstimmungen. Amazon wollte die Biosupermarktkette Whole Foods aufkaufen und es gab sogar Gerüchte darüber, dass Trump die Fusion verhindern hätte wollen. Denn: Jeff Bezos ist bekanntlich der Geschäftsführer von amazon und hat vor wenigen Jahren The Washington Post gekauft, eine Tageszeitung, die sehr kritisch über die Politik Trumps berichtet. Und an der Stelle hatten einige Analysten befürchtet, dass Trump auch hier, wie bei der AT&T Time Warner Fusion in die Suppe spucken könnte. Eine Politik des Prinzips wie du mir, so ich dir. Aber wieso wollen ausgerechnet Telekommunikationsfirmen Medien-Unternehmen aufkaufen? Heutzutage sind Telefonie- und Internet-Datenpakete meist Kombi-Pakete, bei denen man nicht nur Telefonieren und surfen kann, sondern auch Fernsehen kann und einen verbilligten Zugriff auf Pay TV-Pakete bekommt. Wenn man sich zum Beispiel bei einer möglichen AT&T/Time Warner vorstellen, dass man dort einen vergünstigten Tarif mit inklusive HBO und hulu-Abo erhalten könnte. Oder bei Comcast ein Sky-Abo, denn Comcast ist nicht nur an Fox, sondern auch an Sky in Europa interessiert. Aber Sky soll auch von 21st Century Fox ein Angebot erhalten haben, nachdem diese ja bereits ihre 20th Century Fox aufgegeben haben. Eine undurchsichtige Gemengenlage also. 

Aber nicht nur Telekommunikationsunternehmen wollen etwas vom Kuchen abschneiden, auch grosse Software und Elektronikhersteller wie der Google Mutterkonzern Alphabet, Amazon, Facebook und Apple drängen verstärkt in den Markt. Amazon hat bekanntlich schon eine grosse Streaming-Plattform mit Amazon Prime und Twitch, die auch mit vielen Eigenproduktionen gefüllt wird. YouTube ist das bekannteste Medienunternehmen der Alphabet-Gruppe und versucht mit dem YouTube Red und YouTube TV Programm immer stärkeren Fuss in der Medienlandschaft zu fassen, YouTube TV kann man hierzulande eher vergleichen mit dem entertain Programm der Deutschen Telekom, in dem man sämtliche Fernsehsender über eine gemeinsame Plattform streamen kann. Facebook versucht in Zukunft mit seiner Watch Plattform zu expandieren und auch Apple will in Zukunft Eigenproduktionen entwickeln, wie bereits gesehen mit Carpool Karaoke oder Planet of the Apps. Weiterhin konnte Apple schon Kristen Wiig, Reese Witherspoon, Battlestar Galactica-Produzent Ronald D. Moore und M. Night Shyamalan als Produzenten für neue Entwicklungen gewinnen.

Und was ist dann mit den anderen Studios? Lionsgate ist ein weiterer Kandidat für eine mögliche Elefantenhochzeit, denn einige Chefs des Studios haben schon angedeutet, dass sie entweder selbst leicht zu schlucken seien von einem grösseren Unternehmen oder dass sie auch selber einige kleinere Studios und Unternehmungen aufkaufen könnten.

Der komplette chinesische Markt ist auch nicht zu unterschätzen, denn dort boomt es derzeit extremst. So war die Filmabteilung der Internet-Firma Alibaba bereits Co-Produzent von Paramount-Filmen wie Mission: Impossible – Rogue Nation, Star Trek: Beyond oder dem zweiten neuzeitlichen Teenage Mutant Ninja Turtles Film. Weiterhin wurde bereits Iron Man 3, und die letzten beiden Transformers Filme wurden von chinesischen Studios co-produziert. Und die Wichtigkeit des chinesischen Kino-Marktes wird derzeit immer wichtiger. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis die Chinesen ein grösseres Filmstudio aufkaufen wird. Der Mutterkonzern von Paramount Viacom ist derzeit auch schon am Überlegen, ob man wieder mit CBS fusionieren sollte, nachdem beide Firmen sich 2005 aufgesplittet haben. Unter anderem hat daran die Star Trek Lizenz gelitten, da die Filmlizenz an Paramount gefallen ist und die TV-Rechte an CBS und dabei voneinander getrennt waren.

Wir hatten noch nicht Sony gehabt. Sony war schon immer ein sehr wandelbares Unternehmen und sehr breit aufgestellt. Sony war nicht nur Hersteller vieler Elektronikprodukte wie Fernseher, Audiogeräten wie Walkman oder Discman, Kameras, Halbleiter-Technologien, Mobiltelefonen, sondern hat seit Jahren eine sehr breit aufgestellte Medienlandschaft, beginnend bei einer grossen Musikbibliothek, Sony Pictures, zu denen die TriStar und Columbia Studios gehören und natürlich Sony Interactive Entertainment, also die gesamte PlayStation Marke inclusive der dazugehörigen First-Party Entwicklerstudios. Es wird interessant werden, wie sich Sony Pictures in der Zukunft unter dem neuen Sony Geschäftsführer Kenichiro Yoshida entwickeln wird. Eine Sache, die ich bei Sony immer interessant gefunden habe, war die Spider-Man Lizenz. Nachdem die Amazing Spider-Man Reihe keinen Erfolg beim Publikum hatte, gab es den Sony-Marvel Deal, so dass Spider-Man im Marvel Universum auftauchen konnte. Interessant ist dann allerdings auch die Tatsache, dass einige Zeit später ein Sony First Party Studio, nämlich Insomniac Games, die Exklusiv-Rechte erhalten hat ein Spider-Man Spiel für die Playstation 4 zu entwickeln. Der Verschwörungstheoretiker in mir sieht da durchaus irgendwelche Zusammenhänge. Generell ist das Geschäftemachen mit Filmen auf dem absteigenden Ast. Die Einnahmen aus verkauften Kinotickets, sowie Blu-Rays und DVDs sinken seit Jahren und viele schauen sich Filme beispielsweise erst dann an, wenn sie auf Streaming-Plattformen wie Amazon Prime oder Netflix erscheinen und gehen gar nicht mehr ins Kino. Immer häufiger gibt es daher heutzutage Serien und Filme, bei denen die Vorab-Analysen die Veröffentlichungsart bestimmen. Wenn man nicht davon ausgehen kann, dass Science Fiction-Serien und Filme wie Star Trek: Discovery, Annihilation oder The Cloverfield Paradox eine schlechte Aussicht im Kino oder im traditionellen Fernsehen haben, steckt man sie auf eine eigene Streaming-Plattform oder verkauft sie an Netflix. 

Und jetzt kommen wir zu einem Problem, das ich seit Jahren mit der Filmindustrie habe: Die Berechenbarkeit der Auswahl der Filme die produziert werden. Blockbuster Filme von heute haben meist ein Budget von 100-200 Mio US-Dollar. In Einzelfällen sogar viel mehr. Um aber zum Erfolg eines Studios zu werden, muss heutzutage das Doppelte oder vllt. 2.5-3fache seines Budgets einspielen, unter anderem um auch die Vermarktungskosten wieder abzufangen. Denn es gibt mehrere Beispiele von Filmen, die ganze Studios ruiniert haben. Superman IV war das Ende für die Low-Budget-Cannon-Filme der 80er Jahre, die damals die ganzen Charles Bronson, Michael Dudikoff und Chuck Norris Filme produziert haben. Carolco Pictures fand sein Ende nach den Flops von Showgirls und Cutthroat Island in den 90ern. Fox Animation wurde nach dem Titan A.E. geschlossen. Und New Line Cinema war nach dem Misserfolg von Der goldene Kompass 2007 so unter Druck geraten, dass Warner Bros. die Firma ein Jahr später aufkaute. 

Die Filmstudios sind also mittlerweile sehr vorsichtig geworden in welche Filme sie denn nun investieren und welche nicht. Denn wenn man sich da nur umschaut, was da verfilmt wird, sieht man immer nur das gleiche: Verfilmungen von Comics, Büchern und Videospielen, Remakes, Reboots und Fortsetzungen von alten Filmen und TV-Serien. Das Aufkaufen von Franchises, die man mit nostalgischen Erinnerungen assoziiert. Und das was dann zu kurz kommt sind die experimentellen Filme, neue Franchises, neue Ideen auf dem Markt. Die heutige Filmlandschaft ist eine reine Remix-Landschaft geworden. Etwas altes wird ganz hipp und neu, mit nem lauten, schnellen Beat remixt. Ein ruhiges, nachdenkliches Franchise wie Star Trek wird da fürs Kino zu einem schnell-gefilmten Action-Kracher. Ein Klassiker der Science-Fiction-Horror-Komödie wie Ghostbusters verlor in der Neuverfilmung vollkommen den Charme des Originals. Hoffnungsvolle Superhelden wie Superman werden plötzlich zu düsteren Halb-Göttern, die ganze Städte zerstören. Manche Filme werden durch fehlerhafte Ideen der Regisseure und falsches Verständnis des Original-Materials verhunzt und andere durch starkes Eingreifen der Studios. Denn wie schon gesagt. Die Angst vor einem Misserfolg eines Filmes sitzt derzeit sehr tief und immer häufiger hört man von Autoren-Zimmern, in denen Drehbuchschreiber nicht mehr einzelne Filme, sondern ganze filmische Universen entwickeln, ganz getreu nach dem Modell der Marvel-Filme. Die Hoffnung der Studios ist es dann, Franchises zu entwickeln, die einfach nur dazu da sind um Geld zu drucken. Universal hat dafür die Fast & Furious Reihe und auch die Minions-Filme, Paramount hatte viel Geld verdient mit der Transformers Reihe. Disney hat da mehrere Pfeiler: Eigentlich alle Filme sind automatische Gelddruckmaschinen: Sei es ein neuer Pixar-Film, Star Wars- Film, Marvel-Film oder eine Live-Action-Version eines alten Zeichentrickklassikers, alle verkaufen Kino-Tickets wie geschnitten Brot. Warner Bros. hat in den vergangenen Jahren versucht mit den Mittelerde Filmen, Harry Potter-Serien und den DC-Filmen ähnliche Kino-Universen zu etablieren, manchmal erfolgreich, und manchmal mit Problemen behaftet. Lionsgate hat es bislang noch gut geschafft mit relativ günstig zu produzierenden Filmen wie die Franchises Twilight, Hunger Games, Divergent, Expendables sich über Wasser zu halten. Aber immer häufiger hört man von Film-Universen, die massive Probleme hinter den Kulissen bekommen. Das DCEU hat fast im monatlichen Rhythmus eine negative Nachricht nach der anderen, seien es Regisseure oder Schauspieler, die das Franchise verlassen wollen oder Studio-Bosse, die sich in das Tagesschäft der Filmproduktion einschalten wollen. Das Dark Universe, das nach nur einem Film auf unbestimmte Zeit still gelegt wurde. Oder das Transformers-Franchise, das nach einem schlechten Ergebnis des 5. Teils nun angeblich vor einem Reboot stehen soll. 

Lustigerweise sind derzeit die erfolgreichsten Geschichten weniger im Kino zu sehen, sondern in Videospielen. Wurden letztes Jahr noch weniger als knapp 40 Milliarden US-$ an den Kinokassen weltweit eingenommen, sind über 90 Milliarden US-$ nur für Videospiele ausgegeben worden. Und wenn man sich dort umschaut, ist es dort vergleichsweise interessanterweise viel einfacher ein neues Franchise von heute auf morgen zu etablieren. Gut, man braucht schon ein paar Jahre bis ein neues Spiel entwickelt wurde. Aber schaut euch nur mal Horizon: Zero Dawn, Uncharted oder God of War auf der Playstation oder Halo auf der X-Box an. Und diese Spiele fesseln stellenweise den Spieler länger und fesselnder für mehrere Stunden oder noch länger an eine IP, als vergleichsweise ein Film, der nach 2 Stunden zu Ende ist. Bei einem Spiel kann man nach einigen Monaten noch einen DLC nachlegen, wenn die Zeit bis zum nächsten Spiel noch zu lange dauert. Bei Filmen ist dies nicht möglich.

Das ist dann auch für mich der Punkt, wo man sich vor Auge halten muss, dass Videospiele und vor allem der Aspekt der Virtual Reality immer stärker ins Gewicht fallen wird. Filme und Serien werden durchaus immer noch eine starke Rolle spielen, aber Videospiele werden eine grössere Rolle in der Zukunft spielen. Deshalb kann man schon in die Zukunft schauen, dass in der nächsten Einkaufswelle in 5-10 Jahren dann vermutlich Videospiel-Firmen dran sein werden, die dann von den Multi-Konzernen geschluckt werden. Ubisoft ist ja auch schon seit einiger Zeit dabei, Übernahme-Angriffe von Vivendi abzuwehren. EA kauft und schliesst ein Studio nach dem anderen. Dann haben wir noch Bethesda, Activision/Blizzard, THQ Nordic, Tencent (ein chinesisches Studio, das mittlerweile nach Sony bereits der zweitgrösste Spielepublisher der Welt ist), Square Enix und Bandai Namco. Und bei Nintendo weiss eh keiner was die da vorhaben. Dann gibt es noch eine Reihe vieler Mittelgrosser Firmen wie Telltale, Konami, Sega, Capcom, Deep Silver oder Warner Bros. Interactive.. Man kann durchaus schon vorhersagen, dass es auch hier langfristig zu Elefantenhochzeiten kommen wird, wie man das ja auch schon bei Activision Blizzard und King Games gesehen hat.

Dadurch dass unter Donald Trump im letzten Dezember in den USA diese spezielle Steuerreform verabschiedet wurde, ist in diesen Elefantenhochzeitszirkus noch etwas mehr Schwung hereingekommen, denn durch den Wegfall vieler Steuern für Großunternehmen, können diese ihr im Ausland geparktes Geld wieder in die USA holen und es dort nutzen. Und was die dann damit machen… Der Disney/Fox Deal war da nur der Anfang. Man kann sich nun vorstellen, welche Unternehmen als nächstes aufgekauft werden könnte. Netflix könnte zum Beispiel aufgekauft werden. Seit Jahren wird auch schon spekuliert, dass Apple die Streaming-Plattform kaufen könnte… aber dann auch Firmen wie Disney, EA oder sogar Automobil-Hersteller wie Tesla. 

Der Markt konkurrierender Unternehmen könnte immer kleiner werden und zum Schluss gibt es dann wirklich nur noch eine handvoll Unternehmen, die den gesamten Markt unter sich aufteilen und die dann quasi alles anbieten: von Internet-Zugängen über Streaming-Abos bis hin zu Autos, so wie das heute ja schon Supermarktketten und Hersteller wie Nestle oder Unilever machen. Die Kreativität wird darunter auf jeden Fall leiden, da nur die IPs unterstützt werden, von denen Marktforscher nach genauen Marktanalysten vorher sichergestellt haben, dass diese auch einen Profit erwirtschaften werden. Und durch die Monopolisierung haben einzelne Firmen immer stärkere Kontrolle, Bedingungen zu fordern. Der Filmvertriebsarm von Disney, Buena Vista hat zum Beispiel vor einigen Jahren von den Kinobesitzern in Deutschland und in den USA verlangt, dass sie prozentual mehr bekommen sollten, was dann dazu geführt hat, dass viele kleinere Kinos danach Disney Filme boykottiert haben. Derweil versuchen Kinobesitzer die ausbleibenden Kinobesucher mit Flatrate-Angeboten in den USA wie dem Movie Pass in die Kinos zu locken: Man bezahlt da glaube ich 8 Dollar im Monat, und sobald man sich in der Nähe eines Kinos befindet, geht man in eine App, und kann sich dort ein Ticket sichern für so viele Filme, die man in einem Monat schauen will. Aber ob das die Kinos langfristig retten wird oder den Zerfall beschleunigen wird, kann man noch nicht absehen. Das was mich wundert, ist dass die deutsche Elektronik-Industrie bei diesem Monopoly bislang noch nicht mitspielt. Denn, wenn man sich AT&T oder Comcast in den USA anschaut, muss man sich fragen, wieso die Deutsche Telekom noch nicht Bertelsmann aufgekauft hat für ein paar Milliarden Euro. Also, wenn die Telekom das machen sollte, hoffe ich auf ne kleine Vermittlungsgebühr. 0.1% am Verkaufspreis sollten da doch reichen, oder?

Wie auch immer, so lange es noch in Zukunft gute Marvel und Star Wars Filme geben wird, ist mir eigentlich alles egal. 

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