Der Mensa-Boykott

Vor knapp 2 Monaten hatte ich einen recht ungewöhnlichen Entschluss gefasst. Es war gegen Ende Februar, als es mir zu viel wurde. Die vorlesungsfreie Zeit hatte gerade begonnen. Aber ein Großteil der Universitätsangestellten ging noch immer brav in die Mensa. In der vorlesungsfreien Zeit gibt es einen meist reduzierten Speiseplan. Und da zu Beginn der vorlesungsfreien Zeit noch immer viele Klausuren geschrieben werden und deshalb noch viele Studenten sich an der Uni herumtummeln, gibt es meist nur eins: Frust. Lange Schlangen und einen Speiseplan, der einen aber gar nicht überzeugt. Klar, man kann immer noch ausweichen ins Canossa, ins Ausländer-Cafe (AC) oder in das Mensa-Cafe, aber das geht auch immer wieder ins Geld. Und an irgendeinem Tag entschloss ich mich dazu, der Mensa zu entsagen und von nun an selbst zu kochen. Und das war eine verdammt gute Entscheidung…

Unsere Uni-Mensa ist bekanntlich seit ein paar Wochen medial groß in die Schlagzeilen gekommen mit dem Mensa-Battle. Klar, eine tolle Aktion ist das. Aber ich bin mittlerweile froh, dass ich mich jetzt selbst versorge. Ein Monat ohne Mensa-Essen (und damit auch ohne den legendären Happa a.k.a. Schmackofatz II). Aber wieso mach ich sowas überhaupt?

Meine erste selbstgemachte Pizza

Nun, einerseits ist es eine persönliche Lehrerfahrung: So richtig gut kochen konnte ich bislang noch nicht, und das ist eine gute Möglichkeit es mal durch brutales Learning-by-Doing zu lernen. Und es ist auch gar nicht so schwer. Und macht verdammt viel Spass. Als Informatiker habe ich ja gelernt, bestimmte Abläufe algorithmisch zu betrachten. Und genau das passiert beim Kochen auch. Man hat ein Rezept, Zutaten, Küchenutensilien. Und dann arbeitet man sich einfach von oben nach unten. Während man sich beim programmieren freut, dass am Ende eine korrekte Aussage ausgegeben wird, wird beim Kochen schmackhaftes Essen herauskommen als Ergebnis. Und solche kleinen Erfolge sind verdammt motivierend.

Aber es hat auch andere Vorteile. Vor allem körperliche. Ich habe im Verlauf der letzten Jahre immer mehr gemerkt, dass das Mensa-Essen schwer verdaulich ist. Es liegt wie Stein im Magen und man fühlt sich einige Stunden lang total schlapp und ausgepowert. Interessanterweise hatte ich dieses Empfinden nicht, wenn ich ins AC oder Canossa gegangen bin. Nennt mich etwas paranoid, aber ich habe irgendwie das Gefühl, das in einer Großküche zwar versucht wird einigermaßen gut zu kochen, aber auf Dauer kann es nicht gesund sein. Ein Beispiel aus meiner Zivildienstzeit: Ich war in den letzten Monaten meiner Zivizeit in der Verwaltung tätig gewesen. Und irgendwann stand auf einem Speiseplan der ansässigen Großküche folgendes Menü: „Spaghetti Bolognese (vegetarisch)“. Der einstimmige erste Kommentar war natürlich: Was zur Hölle ist das? Nun, die Verwaltungsleiterin ging danach ans Telefon, um mit dem Küchenchef zu reden: „Frank, was ist denn dieses Spaghetti Bolognese (vegetarisch)?“ Fünf Minuten später betrat dieser dann das Verwaltungsbüro mit einem großen 20-Liter-Plastikeimer, öffnete diesen und man sah ein undefinierbares, weißes Pulver. Ein kleiner Riechtest ließ wirklich ausser Frage, dass es wirklich wie Spaghetti Bolognese riecht. Eine Woche später konnten wir es dann auch wirklich probieren. Und ja, es schmeckte so, wie befürchtet. Zwar mit Ansätzen von einem Bolognese-artigen Geschmack, aber es hat wirklich was gefehlt. Und dieses Erlebnis kommt mir in letzter Zeit immer wieder in den Kopf. In Großküchen wird größtenteils zwar auch mit frischen Lebensmitteln gearbeitet, aber meistens bekommt man irgend eine Pampe hingestellt, bei der man nicht weiss, was genau da drin ist und woher sie kommt.

Ein gutes Beispiel dafür ist ja dieser HETAX-Backkäse. Der erste Eintrag bei google zeigt einen schon ein Großküchenprodukt. Dann folgen aktuelle Großhandelreklame-Artikel und diverse Mensa-Speisepläne. So ein Backkäse schmeckt zwar ganz gut, aber man hat halt immer so einen negativen Beigeschmack, da man sich zum Beispiel sofort fragt, wieso der HETAX-Backkäse eigentlich HETAX-Backkäse heißt. Wenn es jemand weiss, kann er mich gerne mal kontaktieren, aber diese Frage stelle ich mich seit 10 Jahren bereits, in denen ich in dieser Mensa esse.

Und vor allen Dingen ist der Mensa-Plan nach einer gewissen Zeit vorhersehbar. Man erkennt sogar Muster. Pfannengyros ist meist immer dienstags dran, und alle 6 Wochen gibt es freitags die Kombination von Riesenschnitzel, Germknödel und Fischfrikadelle. Wir haben sogar irgendwann bei uns im Büro den GKRS-Tag erfunden, der diesen speziellen Freitagsplan zelebriert. Und wenn es an einem Tag panierte Schnitzel gegeben hat als A-Essen, gab es dann 1-2 Tage später im Wahlessen irgendeine Schnitzelvariante. Klar, eine Großküche muss auch sparsam arbeiten, aber bei einem festen Rhythmus geht irgendwann die Kreativität verloren.

Flammkuchen á la Kai

Aber wie sieht denn jetzt mein Kochalltag aus? Jeden Samstag setze ich mich an den Schreibtisch, studiere ein paar Kochbücher, Kochapps, Kochwebseiten nach interessanten Ideen, und suche mir die besten raus. Danach schreibe ich mir die Zutaten auf die Einkaufsliste und ab gehts in die Menge. Samstags ist zwar immer die Hölle los, aber irgendwie finde ich das Einkaufen recht entspannend. Dann habe ich mir einen Kochplan erarbeitet, der meinem Arbeitsverhalten angepasst ist. Habe ich einmal abends viel zu tun, wird was kleines gekocht oder es wird etwas aufgewärmt; komme ich einmal früher heim, kann ich etwas kreativere Dinge kochen. Und ja, das Aufwärmen ist durchaus auch ganz gut so. Meistens koche ich ein bisschen zu viel. So für 3-4 Personen. Davon kann ich dann eine Portion mit zur Uni nehmen, und die dann dort erwärmen und den Rest  kann meine Familie essen oder ich friere es ein. Und es scheint den Leuten auch zu schmecken, was ich so da zusammenkoche :). Zusätzliche Motivation +1.

Cottage Pie

Ich habe, seitdem ich selbst koche, eigentlich kaum noch Verdauungsschwierigkeiten durch das Essen. Mittlerweile habe ich einen Fetisch für Paprika und mache an fast jedes Menü mindestens eine Schote, weils so verdammt gut schmeckt. Und wenn die Zutaten frisch sind, haben sie noch diesen schönen knackigen Geschmack. Was ich in der Mensa kaum erlebe. Ich habe auch mittlerweile meinen Fleischkonsum einigermaßen reduziert. Und Pommes ebenso. Man steht meistens immer an diesem Essens-Info-Display und … dann entscheidet man sich doch für das Steak… oder das Schnitzel… oder was auch immer sich nach sehr fettigem Essen anhört. Und dazu noch meist eine Portion Pommes und eine kleine Nachtischportion. Den Nachtisch habe ich mittlerweile komplett gestrichen und Pommes Frites esse ich im Moment auch nur noch sehr selten. Aber auch aus rein lebensmitteltechnischen Gründen habe ich in meinem Wochenplan eine sehr abfallende Kurve des Fleischkonsums im Wochenverlauf: Das knappe Mindesthaltbarkeitsdatum. Frisches Fleisch sollte so schnell wie möglich verarbeitet werden. Weshalb die großen Kochaktionen eher am Wochenanfang stattfinden und am Ende der Woche eher Aufwärmaktionen oder selbstgemachte Pizzen, Flammkuchen oder Flamiches kommen.

Was ist denn ne Flamiche? Nun, das ist eine Gemüsemasse im Blätterteig. Verdammt fein. Flamiche Füllung

Flamiche-Füllung auf dem Blätterteig

Die fertige Flamiche

Im Verlauf der Woche lege ich dann mindestens einen Salat-Tag ein, wo ich dann im Info-Cafe oder im Canossa einen Salatteller esse. Und dann hat man auch noch wenig Stress am Vorabend. Ein anderer psychologischer Aspekt ist auch sehr gut an der Geschichte. Wenn ich nach Hause fahre, liegt ein McDonalds verdammt nahe an meiner Wegstrecke. Und wenn man abends abgekämpft nach Hause fährt, überfällt einen meist der böse Hunger… und schon hat man ein McMenü zum Mitnehmen neben sich im Auto stehen. Wenn ich selbst koche, habe ich eigentlich kaum noch das Bedürfnis abends noch einen Burger zu essen. Weil ich weiss, dass ich bereits was feines heute bereits gegessen habe, oder gleich noch kochen werde. Abends probiere ich vllt. nur noch ein kleines bisschen, aber esse keine ganze Portion; ich begnüge mich da mit einem kleinen belegten Brötchen. Klar, optimal ist das immer noch nicht, aber ich denke im Verlauf der kommenden Monate kann man noch viel lernen und entsprechend gesündere Rezepte ausprobieren. Wobei wir wieder beim Experimentieren sind. Das Experiment „Boykott der Mensa“ gefällt mir so richtig gut und ich werde es auch noch weiter ausprobieren. Ich hätte nie gedacht, dass eine solch einfache Tätigkeit am Tag so viel Energie und Motivation geben kann. Und wenn ich demnächst noch anfangen sollte ein wenig mehr Sport zu treiben, wird auch bestimmt mein Bauch etwas dünner werden… 🙂


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