Es war ein schöner ausklingender sonniger Tag. Eine Gruppe von kleinen Kindern wanderte durch den Wald und suchte einen Schatz. Eines der Kinder hatte an diesem Tag Geburtstag und um den Kindergeburtstag interessanter zu gestalten, lud man viele Freunde ein und bereitete eine kleinere Schnitzeljagd durch den Wald vor. Diese Schnitzeljagd wurde tags zuvor noch nach großer Vorarbeit von der Mutter des Geburtstagskindes ausgelegt. Nach gut 2-3 Stunden Waldspaziergänge und dem Kampf gegen vermeintlich gegnerische Gruppen, die unbedingt schneller den Schatz finden wollten, hatte man dann doch endlich das Ziel der Schnitzeljagd gefunden.Ein Schatz, meist bestehend aus kleinen Geschenken oder Süssigkeiten war gefunden, so reichhaltig ausgestattet, dass jeder Suchende zumindest einen Teil bekommt und jeder dieser Kinder war froh, was gefunden zu haben. Auch der kleine Kai.
20 Jahre später: Wieder ist es ein Wald. Diesmal jedoch verdammt kalt und auch tief dunkel in der Nacht. Und wieder läuft eine kleinere Gruppe durch den Wald, wieder auf der Suche nach einem Schatz. Doch diesmal sind es keine Kinder, sondern erwachsene Leute, bewaffnet mit GPS-Empfängern, Smartphones, LED-Taschenlampen und viel Marschverpflegung. Eine Gruppe, die selbst bei Minustemperaturen in eine feindliche Umgebung eindringt, um einen Schatz zu finden. Einen Geocache. Dies ist ein kleiner Rückblick über mein neues Hobby und was ich beim Heben von bis jetzt 60 Caches erlebt habe.
Geocaching ist vor knapp 10 Jahren entstanden mit den ersten Aufkommen von GPS-Empfangsgeräten für den Massenmarkt. Das Prinzip klingt einfach: GPS-Koordinaten werden im Internet publiziert mit einer gewissen Rahmenhandlung, man begibt sich zu besagten Koordinaten, sucht den Schatz und diesen findet man dann hoffentlich schnell und ohne große Mühe und markiert im sogenannten Logbuch den Fund dieses Schatzes. Danach kann man diesen Fund auch im Internet publizieren und diesen sogenannten Cache einer immer wachsenden Anzahl von bereits gefundenen anderen Caches hinzufügen. Soviel zum Grundaufbau. Doch damit beschreibt man nur die Spitze des Eisberges…
Meine Geocaching-Karriere begann im letzten November als alte Schulkameraden von mir, mich einluden sie bei einer Geocaching-Tour zu begleiten. Gut, ich war der Fahrer, aber das mach ich in der Regel öfters, besonders am Wochenende. Doch im Gegensatz zu sonstigen Ausflügen am Freitag Abend landeten wir nicht in einer x-beliebigen Disco, sondern mitten in der größten Pampa. Also kurz hinter der saarländischen-pfälzischen Grenze. Meine Freunde hatten einige Tage zuvor schon mal mit einem sogenannten Nacht-Cache begonnen mit dem Namen „Krieger des Lichts @ Night„. Ich wurde vorher darüber informiert, dass ich Taschenlampe, gutes Schuhwerk und viel Verpflegung mitbringen sollte. Wir kamen gegen 21 Uhr nachts an den Zielkoordinaten an und ich wusste noch immer noch nicht, was uns erwarten würde. Wir gingen ein paar Hundert Meter durch den Wald und sahen nach kurzer Zeit Reflektoren, die an den Bäumen befestigt wurden und die sehr gut sichtbar sind, wenn man sie in Dunkelheit mit einer Taschenlampe anstrahlt. Mir wurde gesagt, dass das die Wegmarkierung ist, der man folgen sollte. Kurze Zeit später wurden aus weissen Reflektoren plötzlich rote. Und plötzlich wurde es hektisch. Eine Station ist in der Nähe. Und da meine Freunde wussten, dass dies mein erster Cache war, überliessen sie mir die Suche. Meine erste Intuition sagte mir, dass da irgendwas direkt am Wegrand sein sollte. Allerdings wurde dann mir zu meiner Überraschung mitgeteilt, dass man noch etwas weiter weg blicken sollte. Und zwar weg vom Weg und mitten ins Dickicht. Und da waren dann wirklich noch weitere rote Reflektoren. Oh verdammt. Das klingt ja nach Arbeit. Und das wo ich ja bekanntlich nicht der größte Sportler bin… und Wälder bis jetzt eh immer gemieden hatte. Aber da hinten war etwas und so begab mich immer weiter in die Wallachei bis ich an die Station kam, die gleich mit mehreren Reflektoren markiert wurde. Ich schaute mich ein wenig um und schnell fand ich ein kleines Versteck… mit einer Tupperdose. Und hier zeigte sich auch schon das erste von noch sehr vielen weiteren Rätseln des Abends. Meine Kollegen hatten mich zu einer der ersten Stationen eines Multicaches geführt, das aus vielen kleineren Stationen besteht und wo man an jeder Station ein kleines Rätsel lösen musste. Ein Rätsel nach dem anderen, das einen immer weiter durch den Wald bringt und dann zu einem finalen Schatz führt. Dass ich dabei schon ein paar Stationen übersprungen hatte, da meine Kollegen schon vorher angefangen hatten mit dem Cache war mir dann schon egal gewesen… es lagen noch viele weitere Stationen vor uns.
[image title=“Krieger des Lichts 1″ size=“full“ id=“1338″ align=“center“ alt=“Mein erstes Multicache-Rätsel“ linkto=“full“ ]
Die Grundstory des Caches hatte etwas mit Sternen zu tun, die man aufsammeln musste und retten musste… oder so ähnlich. Jedenfalls zeigte sich von Station zu Station immer mehr, dass dieser Cache was besonderes sein musste. Jede Station wurde mit sehr viel Liebe zum Detail gebaut und konstruiert. Da gab es Schatullen, wo man an der Seite eine Taschenlampe so vor Öffnungen halten musste, dass dabei bestimmte Buchstaben auf der Oberseite aufleuchten. Oder dass man einen Luftballon aufblasen musste, diesen dann an ein elektronisches Gerät so anhalten musste, dass der Druck die Maschine aktiviert und dass man dann die nächsten Koordinaten ablesen konnte. Und und und. Die Atmosphäre wurde indessen immer gespenstiger. Der aufkommende Nebel machte das Suchen nach den Reflektoren immer schwieriger und auch das Gelände wurde ziemlich hügelig. Als wir dann kurz vor Ende der Tour auf einer Motocross-Strecke herauskamen und deren Wegverlauf wir zu Fuss abgehen mussten, hatten wir uns nach stundenlangen Märschen durch den Wald so langsam wieder unserem ursprünglichen Startpunkt wieder genähert. Und da wir kurz zuvor noch eine letzte Station entdeckt haben, war uns klar, dass wir direkt kurz vor unserem Ziel sein mussten. Irgendwo hier in der Nähe musste er liegen. Und so folgten wir einem Pfad aus Sternen, bis wir dann endlich das Final entdeckten. Eine große Tupperdose, versteckt unter einem abschließbaren Deckel, bedeckt durch etwas Laub und ein paar Steinen. Wir hatten es geschafft. Das Ziel war erreicht. Dass ich zu dem Zeitpunkt total müde war, ausgelaugt und sich so langsam die ersten Anzeichen eines zu erwartenden Muskelkaters zeigten, war mir zu dem Zeitpunkt recht egal. Wir hatten den Cache gefunden. Und da waren Dinge versteckt. Wie in alten Schnitzeljagdzeiten. Kleine Spielsachen. Unnützes Elektronikmaterial. Travelbugs. Usw. Und ein Logbuch in das man sich eintragen kann und der Welt mitteilen kann. Ich war hier. Ich habe diesen Cache bezwungen. Ein Stern mehr auf meinem Rever.
[image title=“Krieger des Lichts 2″ size=“full“ id=“1339″ align=“center“ linkto=“full“ ]
Wow. Und am Ende dieser Tour de Force durch den pfälzischen Wald konnte ich dann auch endlich dieses verdammte Stativ verwenden, dass ich idiotischerweise in meiner Naivität die ganze Zeit mit mir rumgeschleppt hatte. Und damit tolle Fotos machen…
[image title=“Krieger des Lichts 3″ size=“full“ id=“1340″ align=“center“ linkto=“full“ ]
[image title=“Krieger des Lichts 4″ size=“full“ id=“1341″ align=“center“ linkto=“full“ ]
Die nächsten 2 Tage waren muskelkatertechnisch gesehen schon eine große Qual gewesen. Und es dauerte einen weiteren Monat, bis ich bei der nächsten Cacher-Runde mitmachte. Diesmal im tiefsten Schnee. Und hier suchten wir diesmal keinen langen Cache sondern sogenannte Tradis – Tradionelle Caches, die man direkt finden kann, wenn man die Koordinaten hat. Man fährt in die Nähe vom Cache, steigt aus, macht sich auf die Suche und findet den dann hoffentlich schnell. Ein Drive-By Cache sozusagen. Aber der Tag war durch das hohe Schneeaufkommen leicht grenzwertig und man musste 2 von 3 Caches vorzeitig abbrechen, weil der Schnee zu hoch lag oder ein Weihnachtsmarkt eine wichtige Teilaufgabe eines Multis bedeckte. Nicht jeder Cache kann sofort gefunden werden und benötigt mehrere Anläufe. Anfang 2011 legte ich mir dann so ein lustiges GPS-Gerät von Garmin zu, das seitdem mein kleines Baby ist. Wann immer ich irgendwo unterwegs bin (und je nachdem ob ich mir vorher was passendes heruntergeladen habe), schaue ich auf mein kleines knubbeliges Teilchen und halte Ausschau nach dem nächsten nahegelegenen Cache. Und das können auf Anhieb direkt mehrere sein. In meinem Heimatdorf gibt es bestimmt ca. 10 Stück, die Innenstadt von SLS und auch von SB ist voll mit ausgelegten Caches und auch an der Uni gibt es eine Handvoll Caches. Manche einfachen Drive-bys verleiten manchmal dazu, Caches im Alleingang zu heben. Aber viel mehr Spass macht es in einer kleinen Gruppe zu suchen. So waren wir bei unserem nächsten langen Nachtcache schon zu fünft.
Gidic’s Armee. Eine 10 km lange Tour de Force durch den Wald bei den Saargummiwerken in Büschfeld. Dieser Cache ist so verdammt lang, dass man den Cache sogar in 2 Hälften absolvieren kann. Dauert das Bewältigen der ersten Hälfte zu lange, kann man auf halben Weg abbrechen und es beim nächsten Mal an der gleichen Position weiterversuchen. Wir wollten hart sein und das Ding an einem Abend durchziehen. Die erste Hälfte war schon sehr gebirgig. Wir hatten im gesamten Verlauf bestimmt 2-3 mal einen Höhenunterschied von bis zu 100 Metern erklommen und wieder abgestiegen, durch stellenweise gefährliches Gebiet. Und dabei fanden wir Dinge wie Gummi-Gehirne
[image title=“Gidic’s Armee 1″ size=“full“ id=“1342″ align=“center“ linkto=“full“ ]
Blahzeitungen
[image title=“Gidic’s Armee 2″ size=“full“ id=“1343″ align=“center“ linkto=“full“ ]
ausgebrannte Autos
[image title=“Gidic’s Armee 3″ size=“full“ id=“1344″ align=“center“ linkto=“full“ ]
und sonstige seltsame verlassene Orte. Bei der zweiten Hälfte verließ uns aber das Glück, wir verloren den Überblick und verpassten mindestens 3 Stationen von insgesamt 16 (ohne Final). Als ich dann auch noch bei der letzten Station auch noch unglücklicherweise beim Überqueren eines kleinen Flusses plötzlich mit nassen Füssen bei Minus 3 Grad da stand, machte dies den Schritt zum vorzeitigen Abbruch zu einer sehr schweren Entscheidung. Mittlerweile war es bereits 4 Uhr morgens und die Aussicht auf das Wiederholen der halben Wegstrecke war sehr ernüchternd fürs Gemüt. Doch wir hatten den Cache noch nicht aufgegeben.
Als ich kurz danach einen Urlaub nach Mallorca startete, und mir einen Wagen mieten wollte, bot sich natürlich gleich an, dass man das Ganze mit Cachen kombinieren konnte. Und ja… man kann auf Mallorca sehr viele Caches finden. Und dort ist es noch lohnenswerter als hier in Deutschland an einigen Stellen. Gibt es hier viele kleine Drive-By-Caches, sind die meisten Caches auf Malle am Rande der vielen Küsten und Badestrände versteckt. Oder respektive an den Stellen, wo die meisten Touris eher nicht umherwandern. Dort sind die meisten Tradis mit einer Wertung von mindestens 3-4 und da artet der Weg zum Cache durchaus zu einem abenteuerlichen Unternehmen aus, wie dieses kleine Lehrvideo zeigt:
[yt]FPD84DYsAXA[/yt]
Hier ist die Tradi-Suche stellenweise so ausgeprägt, dass die Caches genau an den Orten ausgelegt hat, wo man eine verdammt gute Aussicht hat. Zum Beispiel solche Aussichten:




Lustigerweise ist es zweimal passiert, dass mir eine sehr gute Freundin von mir besonders schöne Aussichten zeigen wollte, wo sie sonst immer ausruht und entspannt, und jeweils nur wenige Meter davon entfernt fand sich dann auch ein Cache.
Zurück in Deutschland ging dann die Cache-Suche weiter, so hatte ich lustige Abende mit einer 10-Mann-Cacherrunde in Saarlouis gehabt, lustige Nachtcaches mit alten Schulfreunden und auch das eine oder andere Abenteuer alleine. So fand ich letzte Woche diesen Lost-artigen Final als ich in der Nähe von Schloß Dagstuhl war:
[image title=“dagstuhl1″ size=“full“ id=“1345″ align=“center“ alt=“Da unten ist Desmond^^“ linkto=“full“ ]
Natürlich habe ich mir auch so ziemlich oft dabei auch die Hose dreckig gemacht… wie hier zB.
[image title=“dagstuhl2″ size=“full“ id=“1346″ align=“center“ linkto=“full“ ]
Aber oftmals ist man auch überrascht, wo man Stationen, Caches oder Finals findet, wie hier gestern in einer obsoleten Anlage an einem Fluss:
[image title=“100_0215″ size=“full“ id=“1347″ align=“center“ linkto=“full“ ]
Man ist überrascht wie kreativ viele Cache-Owner beim Auswählen der Örtlichkeiten sind oder wie man die Stationen aufbaut. Wie trickreich die Rätsel sind. Was man so alles findet. Dass viele Orte bestimmte Hintergrundgeschichten haben. Dass viele Orte vergessen sind und die erst durch die Caches wieder zu einer gewissen Berühmtheit gelangen. Ich habe auch hier nur einen Grundaspekt des Geocachens wiedergegeben. Der Jagd nach Schätzen. Dass da viel mehr dahintersteckt ist klar, und man sollte einmal selbst eine solche Cacher-Runde mal mitgemacht haben. Es gibt viele Caches, die man mit dem sonntäglichen Spaziergang verbinden kann. Mit dem Familienausflug. Oder dem normalen Gassi-Gehen. Ich bin bis vor kurzem nie so oft nach draussen gegangen. Und erst durch das Geocachen habe ich herausgefunden, dass man noch so viel draussen erleben und finden kann. Auch wenn das ganze Prinzip des Geocachens sich anfangs sehr kindlich anhört, steckt viel mehr dahinter. Man kommt in der Welt herum und beginnt die Umgebung mit anderen Augen zu sehen. Man sieht Dinge, die man nicht alltäglich sieht. Und wenn man danach noch mit einem kleinen Golfball belohnt wird, dass in einer Tupperdose herumliegt, nun ja… das reicht doch auch für die Mühe, oder ?
Ach ja… Mittlerweile haben wir Gidic’s Armee im dritten Anlauf doch geschafft. Wir hatten uns ein paar Mal verrechnet aber im Prinzip konnten wir trotz der fehlenden Stationen im Nachhinein die korrekte Position erraten. Ich habe mittlerweile 60 geloggte Caches und hoffe, dass ich bald an der 100 Cache-Marke kratzen werde. Und mittlerweile bekomme ich fast gar keinen Muskelkater mehr bei längeren Caches. Und das ist doch auch ein gutes Zeichen, oder ? 🙂