Bald kommt das iPad auch nach Deutschland. Dieses überdimensionierte iPhone soll aber aber auch unser tägliches Leben revolutionieren. Zum Arbeiten verwendet man einen PC oder einen Laptop, zum Telefonieren ein Handy, aber was macht man in seiner Freizeit, wenn man auf der Couch sitzt. Laut Apple soll in diese Sparte eben dieses iPad stoßen, da man auf schnelle Art und Weise Spiele, Bücher, Musik und Filme verwenden, anschauen, lesen und was weiss ich noch alles machen. Damit dieses Projekt aber auch Erfolg hat, braucht man aber auch Content. Und genau hier beginnt das Problem. Denn was Content angeht, ist Deutschland noch immer eine Wüste. Und wenn es doch was geben sollte, dann gibts verdammt viele Probleme damit. Hier mal ein kleiner Erfahrungsbericht, was in Deutschland alles möglich ist.
Das Anschauen von aktuellen Filmen und Fernsehserien war schon immer die große Crux der Content-Industrie. Zahlreiche Abkommen und Verträge erschweren allerdings das Vergnügen für die Konsumenten. Gab es vor Jahren noch einen monatelangen Abstand zwischen den Releases zwischen den Filmen in verschiedenen Ländern (Star Wars Episode 1 lief ca. 3 Monate nach dem US-Start erst in Deutschland an), sind heute die meisten Filme in der Regel Weltweit-Starts, d.h. die Filme starten parallel weltweit in den meisten Ländern. Natürlich ist das mehr oder weniger darauf zurückzuführen, dass mit Episode 1 der Begriff des Cam-Rips große Berühmtheit erhalten hat. Denn wenn Hardcore-Fans 3 Monate lang vertröstet werden müssen, während andere schon in diversen Online-Foren diskutieren und spoilern, dann will man den Film so schnell wie möglich sehen, auch wenn die Qualität beschissen ist. Und genau hier hat die Filmindustrie zumindest rasch reagiert und die Übersetzungszyklen verkürzt. Auch wenn man mit der verkürzten Zeit auch manchmal eher das Gefühl hat bei einigen Filmen, dass man doch lieber das Original sich anschauen sollte (Und wenn man sich so was wie diesen Bootleg Trailer anschaut, wird einem schon klar, dass man so was lieber direkt im Kino sehen will, als sich irgendwann übergeben zu müssen, weil das Bootleg so stark flackert). Doch leider zieht dieses Prinzip des globalen Releases nicht bei jedem Film, besonders bei kleineren Filmen kann es durchaus bis zu einem halben Jahr dauern bis es auch nach Deutschland kommt. „Zombieland“ vor ein paar Monaten war so ein Beispiel oder im Moment „Hot Tub Time Machine„, das mit dem Release am 7.10. wohl über ein halbes Jahr später nach dem US-Release starten wird. Mit diesen verspäteten Releases macht sich dann aber auch etwas anderes bemerkbar, verschiedene Auswertungsphasen. Ist ein Film mehrere Monate lang im Kino gelaufen, wird dieser nach dieser Zeit als DVD oder Blu-ray veröffentlicht. Meistens erfolgt parallel dazu die TV-Premiere bei Pay-TV-Sendern und auf spezialisierten Download-Portalen. Nach weiteren Monaten (als Ramsch-DVD, Special-Edition-Releases, etc.) wird der Film dann auch endlich ca. 2-3 Jahre nach Kinostart im Fernsehen ausgewertet, anfangs als Eventfilm, bei weiteren Aufführungen eher im Nachmittags-Programm auf einem der Spartenkanäle. So bin ich letztens doch schon stark verwirrt worden, als Mittwochs abends auf VOX kolossal „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ verheizt wurde, während die Nachfolgerfilme noch immer als Eventfilm von RTL vermarktet wurde. Komische Welt. Aber ich schweife ab.
Aktuelle Kinofilme sind einigermaßen brauchbar geregelt. Doch was läuft mit Fernsehserien? Aktuelle Fernsehserien zu schauen ist verdammt schwer. Besonders wenn man versuchen will, sich die Sachen legal anzuschauen. Ist eine aktuelle Folge zB in den USA gelaufen auf einem der TV-Networks beginnt auch sofort die Auswertung. Downloadportale wie iTunes, NetFlix oder amazon.com stellen neuen Content meist wenige Stunden nach der Erstausstrahlung in ihre Datenbanken, und sind für wenig Geld käuflich zu erwerben. Ein Content-Konsortium der größten Networks hat außerdem ein werbe-finanziertes Portal gegründet namens hulu, wo aktuelle Serienfolgen kostenlos (mit Werbeeinblendungen) sofort online gestreamt werden können. Darüber hinaus stellen die meisten Networks aber auch ihre Folgen auf ihre eigene Homepage online. Eigentlich das Paradies auf Erden. Wenn man in den USA wohnen würde. Denn jedes Content-Angebot ist nur lokal verfügbar. Lokal heißt in diesem Fall nur in den USA. Bei hulu.com sieht das so aus
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und bei amazon.com so
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Und will man bei iTunes in den Ami-Store wechseln um dort was zu kaufen, wird man wieder in den deutschen Store zurückgeleitet. So nach dem Motto, ja Kleiner, wir wissen, dass du was kaufen willst, aber werd erst mal groß und warte ein bisschen. Und will man dennoch was sehen, muss man zu großen Tricks greifen. iTunes zB eine gefälschte Adresse vorgeben, oder einen Proxy verwenden für hulu, der in den USA stationiert ist. Aber so richtig erfreulich ist das auch nicht. Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele wie South Park, Daily Show with Jon Stewart, Colbert Report oder die aktuelle Staffel von Lost. South Park und Lost werden spätestens einen Tag nach dem Ausstrahlen in den USA auch im deutschen (!) Store angeboten. Ähnliches gilt auch für die anderen 2 Sendungen, diese kann man aber auch kostenlos (!) per Stream auf den offiziellen Homepages sich anschauen, die ihr Signal zumindest auch für deutsche Internet-Adressen nicht gesperrt haben. South Park geht da noch eine Stufe weiter, auf deren Webseite kann man sich alle Folgen, incl. der aktuellsten anschauen (auch wenn die allerneuste erst mit einer Woche Verspätung online gestellt wird). Ich selbst habe das Angebot von Lost bei iTunes ausprobiert, dort kriegt man sogar eine übersetzte und untertitelte Folge innerhalb von 24 Stunden zum Herunterladen angeboten. Auch wenn es leichte Probleme bei iTunes selbst gibt. Denn auch wenn Folgen im Store eingestellt werden, bekommen Kunden, die sich einen Season-Pass gekauft haben (d.h. eine Art Flatrate auf eine ganze Staffel) die Folge erst mit einigen Stunden Verspätung zum automatischen Runterladen. Wenn man für ein solches Angebot ca. 30-40 Euro ausgegeben hat, kann man schon verlangen, dass so etwas frühzeitig angeboten wird… aber naja… Trotz allem hinterlässt die ganze Geschichte einen fahlen Beigeschmack, denn wenn man sich auf die „normale“ Auswertungsgeschwindigkeit halten würde, sieht man einige Folgen erst mit einigen Monaten, wenn nicht sogar Jahren Verspätung im Free-TV. Wenn überhaupt. Denn viele Kultserien versauern in den Archiven von großen Sendern oder werden verramscht auf Nischensendern. Oder wer wüsste von der Ausstrahlung von „Arrested Development“ auf dem deutschen Comedy-Central oder der amerikanischen Version von „The Office“ (a.k.a. dem Vorbild unseres deutschen Strombergs), das auf Super RTL ausgestrahlt wurde. Selbst Serien wie 24 oder Lost wurden von mehreren Sendern verwertet, bis sie jetzt wohl eine Dauerstelle bei Kabel 1 gefunden haben. Und im Moment scheinen nur die Desperate Housewives relativ schnell übersetzt zu werden. Dort ist die deutsche Fassung recht zeitnah an der US-Ausstrahlung. Manchmal fragt man sich echt, wo denn das Problem sein soll, ein relativ schnell übersetztes Werk zeitnah an den Kunden zu bringen. Vor 10 Jahren hab ich als Jugendlicher schon angefangen alternative Quellen zu verwenden. Damals gab es die Möglichkeit aktuelle Star Trek Folgen in englischer Sprache als Import-VHS-Kassetten aus Großbritannien beim lokalen Comicladen um die Ecke zu kaufen. Und das Monate bevor die Folgen in Deutschland kamen. Allerdings haben deutsche Medien inzwischen durchaus aufgeholt. RTL, sowie die ProSiebenSat.1 Gruppe haben eigene Streamingportale, die vergleichbar zu ihren amerikanischen Pendants funktionieren. Die öffentlich-rechtlichen Programme haben ebenso ihre zeitlich begrenzten Mediatheken. Alles ganz gut und schön, wenn dann nicht so eine Sache passieren würde… hier ein Screenshot, wenn man sich den aktuellen Scientology Film nachmittags um 16 Uhr anschauen will…
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BITTE???? Ich hab nachmittags schon Filme ab 16 im Programm der ARD gesehn, und man kann nicht mal einen Film ab 12 (!) sich anschaun. Ich denk wenn man diese Regel strikt anwenden würde aufs aktuelle Fernsehprogramm würde, hätte man eigentlich den ganzen Nachmittag einen Testbildscreen als Fernsehbild.
Kommen wir nun zu anderen Content-Quellen. Musik. Auch hier zeichnet sich ein ähnliches Bild wie bei Filmen und Serien. Nur ist es hier noch viel ärgerlicher. Vor einigen Jahren war ich großer Fan von ner französischen Sängerin namens Alizée. Nach einiger Recherche fand ich raus, dass man das damalige neue Album bei iTunes kaufen könnte. Und ihr könnt es schon erahnen. Nur im französischen Store. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ich wohne knapp 10 Kilometer von der französischen Grenze entfernt und es ist nicht einfach so möglich einen kleinen Abstecher zu dem französischen Store im Internet um die Ecke zu machen. WIESO ??? Empfohlen wird dann immer der Vorschlag, man sollte sich einen Gutschein in Frankreich besorgen, aber soll ich jetzt extra wegen jedem kleinen Furz in das entsprechende Land fahren oder fliegen um mir so was zu besorgen (und dann natürlich auch eine entsprechende Adresse im Land als Rechnungsadresse angeben in dem Land). Bei den Briten ists genauso, wenn man zB nach dem neuen Shootingstar Ellie Goulding suchen wollte, geht das nur über den britischen Store. Nur bei Veröffentlichungen großer Stars wie den Pet Shop Boys oder Lady Gaga passiert ein Release zur gleichen Zeit. Dass dahinter schon eine große Marketingkampagne steckt, die in den einzelnen Ländern nur bedingt greift, ist mir schon klar. Nur sollte den Leuten schon klar sein, dass das Internet im Groben keine Ländergrenzen kennt, und dass sich Informationen schnell verbreiten. Im Grunde sind die ganzen Musikindustrien und Filmindustrien nichts anderes als ein globales China, das den Content schön portioniert verteilen möchte (so ähnlich präsentiert sich das auch hier und hier). Und dass die deutschen Gepflogenheiten das noch unterstützen, sieht man, wenn man sich das Verhalten der GEMA anschaut. Unsere überaus beliebte Verteilmaschinerie will in jedem Vertriebsmodell Einfluss nehmen. Und mit ihren vollkommen überzogenen Forderungen haben sie durchaus schon dafür gesorgt, dass die Medienwälder Deutschlands massiv abgeholzt werden. Youtube weigerte sich letztes Jahr dazu ihre überhöhten Wünsche zu erfüllen, also werden nun Videos von Contentprovidern gesperrt, selbst wenn diese von den Musikern höchstpersönlich hochgeladen werden. Ebenso wird man das Programm „Spotify“ auch in Zukunft wohl nur im Ausland erleben dürfen, das mit seiner P2P-Streaming Architektur und globalen Flatrate-Angeboten Konkurrenten wie iTunes gefährlich werden könnte. Denn auch hier streitet man mit der GEMA. Danke! Geht bitte sterben! Und das auch wenn man weiss, dass definitiv ein Markt existiert für solche Angebote…
Aber auch bei Büchern und Comics gilt das Gleiche in Grün. Der Kindle wurde jahrelang in den USA verwendet und gehyped. Und erst relativ kurz vor der Ankündigung des iPads wurde auch den Deutschen die Möglichkeit eingeräumt, zumindest über den amerikanischen Store ein eBook zu bestellen. Groß gehyped wird zur Zeit auch der iBookstore, das den elektronischen Bücherverkauf revolutionieren sollte. Schön und gut für die Amerikaner, denn wie es im Moment ausschaut, wird auch diese Applikation zumindest beim Launch des iPads in Deutschland fehlen. Und damit bricht für mich schon einer der Hauptverkaufsargumente des iPads weg. Denn die deutschen Verläge zeigen in dieser Zeit Zähne, argumentieren lieber über alternative Vertriebswege, wie das Konkurrenzprojekt WePad, oder wollen den iPad boykottieren. ARGH. Das sind so die Momente, wo man sich echt schämen muss in einem Staat zu leben, der zwar nach aussen vorgibt, Technologievorreiter zu sein, sich aber in solchen Gebieten total versperren will. Und wenn das so weiter geht, wär das durchaus auch ein Auswanderungsgrund. Von den lokalen Medien enttäuscht und aus anderen Ländern ausgesperrt, denn auch in diesen Stores gelten lokale Regeln. Ich verwende seit Monaten das Programm iVerse auf meinem iPod touch. Mit diesem Programm kann man schnell und einfach Comics kaufen und einfach lesen. Oder zumindest die meisten, denn ein exklusiver Vertrag mit Marvel Comics erlaubt das Verkaufen von Reihen wie Iron Man oder Spider-Man nur in den USA. Was meint was ich als erstes gemacht hab, als ich in Las Vegas war und dort das Marvel Angebot plötzlich gesehen hab. Und wie sauer ich auf dem Rückflug war, als ich gesehen hab, dass ich diese eine Spider-Man reihe nur teilweise gekauft habe… Argh… Und natürlich konnte ich die fehlenden Folgen dann nicht mehr kaufen. Daumen Hoch, Marvel. Dass es anders geht, zeigt die aktuelle App des Spiegels. Dort kann man bereits samstags abends um 22 Uhr brandaktuell schon den Spiegel des kommenden Montags lesen. Was bei einigen brisanten Themen schon interessant ist. Z.B. las ich von der Spendenaffaire in der NRW CDU (mit den Sponsorenterminen und „Rent &Speakwith-A-Ministerpräsident“-Angeboten) bereits samstags abends… und war schon topp informiert über das Thema bevor es überhaupt für die großen Wellen in den Medien gesorgt hat. So sollte es sein.Kommen wir zum letzten Content-Thema Computerspiele. Auch hier hat man seit Jahren, dass man versucht gegen Raubkopien vorzugehen. Zu den relativ amüsant gemeinten Versuchen mit CD-Verschlüsselungen, Code-Keys und zwangsweise eingelegten CDs gab es innerhalb weniger Stunden nach Veröffentlichung windige Hacker, die No-CD-Cracks, Key-Generatoren und andere Crack-Programme zur Verfügung stellen konnten. Dies änderte sich in den letzten 10 Jahren schlagartig an 2 Stellen, die signifikant sind für die aktuellen Entwicklungen. Das erste war die „geniale“ Idee der Content-Provider den Standard-User als möglichen Raubkopierer anzusehen und dabei allerlei Unfug anstellt, wie das Verwenden von Rootkits um Kopien zu vermeiden, indem das Betriebssystem künstlich unterwandert wird. Sicherheitslücken sei dank (ob freiwillig oder nicht sei mal dahingestellt). Denn was findige Hacker können, können große Firmen schon lange. Aber die offensichtliche Ohnmacht gegenüber Raubkopierern wurde hier besonders deutlich gemacht. Subtiler ging da Valve vor, die beim Einführen von Half-Life 2 verschwiegen hatten, dass die Installation nur über ihr eigenes Steam-System funktionieren würde. Dass mit Steam ein großes System eingeführt wurde, das die normalen Vertriebswege radikal umkrempeln würde, war zu dem Zeitpunkt noch nicht vorherzusehen. Man ärgerte sich nur darüber, dass man sich zusätzlich zu der Installation erst noch mal online anmelden musste, um das Spiel zu spielen. Und dabei auch verhindert wurde, dass das Spiel gebraucht verkauft werden kann. Im Verlauf der letzten Jahre wurde das System zwar etwas kundenfreundlicher, aber aktuelle Spiele wie Command & Conquer 4 bringen die Spieler wieder auf die Palme, denn hier ist der Kopierschutz so restriktiv, dass man selbst bei Einzelspielerpartien ständig online sein muss. Schlimmer wiegt dabei aber die Tatsache, dass jeglicher Verbindungsverlust egal ob kurz oder lang mit sofortigem Verlust der aktuellen Spielfortschritte bestraft wird! Mir ist zum Beispiel letztens passiert, dass ich eine komplette Mission neuspielen musste, weil ich mittendrin einen Hänger hatte. Mir wurde sogar vom Spiel verboten zu speichern, weil die Internet-Verbindung unterbrochen wurde. Spielspass wie zu Zeiten der DDR.
Das alles sind Dinge, die man erlebt, wenn man als Nerd durch die Content-Welt Deutschlands legal wandern möchte. Dass es auch anders geht, zeigen unsere westlichen Nachbarn. Aber seien wir mal ehrlich, verwundert es bei so einer Medien-Struktur schon, dass viele Leute illegal aktiv werden, um ihren täglichen Fix zu bekommen? Denn nicht jeder hat schließlich Zeit und Lust extra auszuwandern, nur weil er die neuste Folge von Lost schauen möchte…
[…] knapp 2 Jahren habe ich bereits einen Beitrag geschrieben über die neue Content-Welt. Damals schrieb ich über die zersplitterten Versuche der Medienindustrie ihren Content in Form von […]